Macht mir auch keinen Spaß
„Politik und Sport sollten nicht miteinander vermischt werden“ – glauben wir uns das eigentlich selbst noch und können hinter diese Aussage einen überzeugten Punkt setzen? Ist es vielleicht eher der Wunsch in eine Zeit zurückzukehren, in der das noch möglich war?

(Foto: City-Press)
Eins ist klar: Wenn ich diese Aussage heute tätige und mir im Nachgang jemand „das sind doch nur Floskeln“ entgegnet, würde ich mich kaum angegriffen fühlen. Ich würde es verstehen und hinterfrage mich selbst schon ohne dieses Ereignis sehr kritisch. Der Großteil aller gesellschaftlichen Entwicklungen der Gegenwart schmeckt mir nicht, deswegen kann ich ihre Anwesenheit lang noch nicht leugnen. Wir müssen uns im Alltag mit völlig neuen Problemen konfrontiert fühlen und dabei verschwimmen ganz klar die Grenzen. Zudem wurde das „Hier und Jetzt“ gläsern. Der technische Fortschritt überträgt jedes Interview, jeden geschlossenen Deal, einfach alles in Echtzeit auf die mobilen Endgeräte und dort gibt es die direkte Reaktion von Millionen von Menschen. Sie pushen sich gegenseitig hoch, lösen zwischen der berühmten Tagesschau und Wetterkarte einen zerschmetternden Shitstorm aus.
Im ersten Moment mag das nach dem berühmten Kampf gegen Windmühlen klingen und ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, wer sich gegen diese Entwicklung wehrt, wird diesen wohl auch führen müssen. Wer sich aber aus der Trägheit herausstemmt, mutig agiert und zurecht verstaubte Regeln bricht, der hat die Chance Windmühlen-Dompteur zu werden. Irgendwo ist der Hund drin.
Das Beweihräuchern an den angenehmen Themen, gleichzeitig Verstecken vor den Unangenehmen funktioniert nicht mehr. Diese Waage wurde über Jahrzehnte hinweg von blinder Akzeptanz im Lot gehalten, kippt nun unaufhaltsam und verlangt nach Antworten auf nahezu alle Fragen. An diesem Punkt muss die Angst der Entschlossenheit weichen und so die Lorbeeren einsammeln, die daraus zweifelsohne resultieren. Das Publikum ist nicht intoleranter geworden, es agiert lediglich konsequenter auf Missstände und will dort Vertrauen können. Wie wird Vertrauen geschaffen? Mit der Wahrheit. Die Wahrheit ist also der Schlüssel einen unumgänglichen Spagat zu meistern.
Medienschaffende, Geschäftsführer, Pressesprecher oder Spieler müssen – wie auch wir beim Eisblog – akzeptieren, dass wo Licht fällt auch Schatten ist. Einfacher gesagt: Dieses sensible Jahrzehnt akzeptiert die hundertprozentige Trennung von Sport und Politik einfach nicht mehr. Das macht auch mir keinen Spaß, aber die Verinnerlichung dessen das Leben deutlich leichter.
Die Verpflichtung von Thomas Greiss wirft also Fragen auf, das tat auch die von Jake Virtanen und auch die Vorstellung des Sponsors Rheinmetall. Gemeinsamkeiten? Die geschlagenen Wellen waren immens, die Gründe dafür allesamt nicht sportlich, die Kommunikation dazu keinesfalls optimal. Die in diesen Beispielen getroffenen Entscheidungen wurden zu schwach begründet, es wurde versucht zu verharmlosen und es schwingen zu viele Ausreden mit. Ich sage nicht, dass die richtigen Worte hier zu anderen Ausgängen geführt hätten. Aber das Vertrauensverhältnis hätte mit ehrlichen, entwaffnenden Aussagen weniger Kratzer bekommen.
Lasst mich abschließend klarstellen, dass ich in meinem Sport nur über Sport sprechen will. Wir sollten es weiterhin vermeiden, eine Plattform für dort nicht hin gehörige Debatten zu bieten. Wir müssen aber auch verstehen, dass es hier und dort unumgänglich wird, diese zu führen. Ganz nach dem Prinzip „sei ehrlich zu mir, dann bekommen wir das alles wieder hin“, wird die Wahrheit uns allen den Arsch retten.
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Erik Pannach