Zwischen Aufbruch und Alltag – Ein Blick hinter die Kulissen in Iserlohn
In Iserlohn weht ein frischer Wind – kein stürmischer Orkan, aber eine ehrliche, stetige Brise Veränderung. Franz Fritzmeier, sportlicher Leiter der Iserlohn Roosters, ist nicht angetreten, um kurzfristig Wunder zu vollbringen, sondern um langfristig das Fundament zu stärken. Und dieses Fundament ist – trotz überschaubarem Budget – erstaunlich solide.

(Foto: City-Press)
„Der Klub steht im Vordergrund – immer.“
Fritzmeier bringt es auf den Punkt: „Der Klub muss für jeden an erster Stelle stehen – Spieler, Trainer, Mitarbeiter.“ Was für Außenstehende wie eine Floskel klingen mag, ist in Iserlohn gelebte Realität. Denn hier, wo man die Spieler beim Einkaufen trifft und jeder Fan auch Kritiker sein darf, ist Eishockey kein Produkt – es ist Leidenschaft.
Und genau diese Leidenschaft ist Segen und Fluch zugleich. Die emotionale Fanbasis sorgt für einzigartige Stimmung – aber auch für hohe Erwartungshaltungen, die mitunter auf Kader und Trainerstab drücken. Eine Saison in Ruhe? In Iserlohn fast schon Utopie – aber eben auch das Ziel.
Standortvorteil: Sauerländische Kumpelmentalität
Zwischen Ruhrpott-Charme und Siegerland-Stolz finden sich nicht nur treue Fans, sondern auch ein funktionierendes Netzwerk aus regionaler Verbundenheit. „Herkömmlich redet man im deutschen Eishockey immer über Standortnachteile, wir sollten aber auch mal über die Vorteile sprechen – und das sogar deutlich mehr“, sagt Franz Fritzmeier im Gespräch mit dem Eisblog. „Aber ein Funken reicht hier, um den Laden anzuzünden – im positiven wie im negativen Sinne.“
Die Roosters haben es verstanden, diesen Funken zu nutzen. Dauerkartenverkäufe erreichen neue Höhen, die Euphorie vor der neuen Saison ist greifbar – auch dank smarter Digitalstrategie und ehrlicher Kommunikation.
Kaderplanung: Mit Vernunft und Vertrauen
Mit Blick auf Spieler wie Christian Thomas, dessen Vertragsverlängerung nicht nur sportlich, sondern auch charakterlich ein Gewinn ist, wird klar: In Iserlohn zählt nicht nur der Score, sondern das Gesamtpaket. Wer sich mit dem Klub identifiziert, wer bereit ist, täglich alles zu geben, der hat hier seinen Platz – unabhängig vom Pass oder der Herkunft. „Christian hatte eine starke Zeit bei uns, weshalb er genau weiß was ihn erwartet, wenn er wieder zurück nach Iserlohn kommt“, weiß Fritzmeier auch „dass es nicht einfacher wird für ihn, denn die Gegner kennen ihn jetzt. Dennoch hat er die Qualität und auch die Leidenschaft uns weiter voranzubringen.“
Gleichzeitig ist auch das Thema Transfers stets präsent. Gerüchte um Neuzugänge wie Daniel Fischbuch kursieren – teils auf Stammtischniveau, teils mit Substanz. Fritzmeier bleibt diplomatisch: „Man unterhält sich, ich kenne Daniel ja schon lange. Aber es muss passen – sportlich, wirtschaftlich, menschlich. Klar, Daniel Fischbuch ist eine sehr interessante Personalie, so viel kann ich verraten. Warten wir mal ab, was in den nächsten Tagen so alles passieren wird.“
Auch die anderen Neuzugänge sehen auf dem Papier als Gewinn aus. Mit Eirik Salsten, Henrik Törnqvist und dem gesamten Trainerteam um Neu-Headcoach Stefan Nyman stellt sich unfreiwillig die Frage, ob Iserlohn aus Moritz Müllers vielzitiertem „Kanada 1c“ eher ein neues Skandinavien im Sauerland macht. Zumal noch der ein oder andere skandinavisch klingende Name in der Gerüchteküche brodelt. Dem setzt Fritzmeier ein klein wenig dagegen: „Ganz ehrlich, mir ist die Herkunft egal. Die Qualität, die Moral, der Charakter muss passen. Ob dann ein Spieler aus Schweden, Kanada oder Lettland kommt ist doch zweitrangig. Ich freue mich jetzt schon sehr auf das neue Trainer-Team. Wir haben klare Vorstellungen und bereits jetzt eine klare Aufteilung. Mit Stefan Nyman, Janne Kujala, Tony Zabel und Santeri Hilli haben wir akribische Arbeiter, die uns besser machen werden.“
Eishockey mit Substanz statt Statistik-Show
Was Fritzmeier betont, ist klar: Eine Mannschaft gewinnt nicht allein durch Stars oder Scorerpunkte. Es geht um Tiefe, um Disziplin – und um den Umgang mit der Scheibe, auch wenn man sie gerade nicht hat. Oder wie er sagt: „Defensivspiel beginnt, wenn du die Scheibe verlierst.“
Diese Mentalität, dieses gemeinsame Ackern, das macht Iserlohn aus – und hebt den Standort wohltuend ab vom schnellen Kommerz manch größerer Städte.
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Max Ostermaier