Community-Blog: Das Selber Eishockey auf dem Weg in die Zukunft
Wie sich der kleinste Profi-Standort im deutschen Eishockey aufstellt.

Selb, eine beschauliche Stadt im Fichtelgebirge mit knapp 15.000 Einwohnern, ist vor allem für zwei Themen bekannt: Porzellan und Eishockey. In einer Region, in der die nächsten Profi-Fußballvereine aus der Ersten oder Zweiten Bundesliga mehr als eine Stunde mit dem Auto entfernt liegen, hat das Eishockey einen besonderen Stellenwert.
Seit 70 Jahren gibt es den VER Selb e.V., der aufgrund mehrerer Insolvenzen bedingter Neugründungen zwischenzeitlich die Namen VERE und ERC führte, bevor im Jahr 2004 der Name VER und der aktuell noch bestehende Verein gegründet wurde. Die Bezeichnung Selber Wölfe für das Team, dass im Selber Vorwerk seine Heimspiele austrägt, hat jedoch sämtliche Neugründungen überlebt und bildet heute den Markenkern des Selber Eishockeys.
Im Jahr 2021 gelang der Aufstieg der Selber Profimannschaft in die DEL2 in der Finalserie gegen den Meister aus der Oberliga Nord, die Hannover Scorpions. Ein Traum wurde wahr für die Anhänger der Wölfe. Über die traurigen Umstände mit Geisterspielen etc. wurde schon so oft berichtet, das soll hier nicht noch einmal aufgeführt werden. In der ersten DEL2-Saison, die der Aufstiegstrainer Herbert Hohenberger coachen durfte und in die man mit einem Großteil der Meistermannschaft ging, wurde man abgeschlagen Letzter. Auch hier hat Corona den Selbern nicht in die Karten gespielt - zwischenzeitlich waren durch Corona, weitere Verletzungen und einen Schlaganfall von Lanny Gare so wenige Spieler verfügbar, dass man sich wundern musste, wie hier von spielfähig geredet werden konnte. Durch eine beherzte Leistung in den Playdowns gegen den Erzrivalen aus der Wagnerstadt wurde dennoch der Klassenerhalt geschafft - die Euphorie war groß.
Aber eines war auch klar: Wenn Selb auf lange Sicht in der DEL2 bleiben will, muss sich einiges ändern. Der Standort muss sich für die Zukunft rüsten!
Mit diesen Veränderungen wurde dann auch sogleich begonnen, wenn sie nicht sowieso bereits in der Vorbereitung waren. Damit meine ich nicht einmal den Trainerwechsel zu Sergej Waßmiller und einen großen Umbruch im Team der Wölfe. Mir geht es mehr um die Entscheidungen neben dem Eis, die aus meiner Sicht den VERein auf dem Weg in die Zukunft gut rüsten.
- Vom e.V. zur GmbH
Das wohl kontroverseste Thema gleich zu Beginn - die Selber Wölfe treten in der DEL2 nicht mehr als Teil des e.V. an, sondern als eigenständige GmbH. Was für traditionelle Fans auf dem ersten Blick wie ein Schlag ins Gesicht klingt, ist auf dem zweiten Blick der logische Schritt zum Schutz des Stammvereins vor eventuellen finanziellen Nöten und Insolvenzen der Profiabteilung. Wie eingangs bereits erwähnt ist es in Selb mehrmals vorgekommen, dass aus finanziellen Nöten heraus der gesamte Verein neu gegründet werden musste. Alle Erfolge - auch die im Jugendbereich - sind dann nichtig. Um das zu verhindern, ist die Gründung einer Spielbetriebs-GmbH absolut nachvollziehbar. Positiv ist ebenso das Signal der beiden Geschäftsführer aufzunehmen, dass sich in Selb das Erscheinungsbild der Wölfe und des VER weiterhin nicht unterscheiden sollen.
- Die Infrastruktur - vom Vorwerk zum VORIUM
Es wird zudem gebaut am Vorwerk - und das nicht zu knapp. Ein großer Sport-, Gastronomie- und Veranstaltungskomplex soll entstehen: Das VORIUM - angelegt an die Begriffe Vorwerk und Forum. Die Vision ist auf der offiziellen Homepage des VORIUMs (https://www.vorium-selb.de/) beschrieben und zeigt ein modernes Eissportzentrum mit Gastronomie, Kabinen, öffentlichen Fitnessbereichen und im Herzen ein Stadion mit knapp 4000 Zuschauer Kapazität und einer Eisfläche mit NHL-Maßen.
Im letzten Jahr wurde eine Flexbande im Stadion installiert und ein neuartiger VIP-Bereich im Südbereich des Stadions eingerichtet. Ein neuer Kabinentrakt für die Heimmannschaft wurde gebaut. Zudem wurde die Beleuchtung verbessert um die Qualität der Übertragungen zu erhöhen.
In diesem Jahr steht einiges unter dem Zeichen der Gastronomie - unter anderem werden zwei Gastro-Türme entstehen, die das Catering im Stadion verbessern sollen.
Man darf gespannt sein, wie sich das Stadion im Vorwerk in den nächsten Jahren entwickelt.
- Eine neue Marke wird etabliert - exzellente Social-Media-Arbeit
Auch auf anderem Terrain wurde in Selb viel gearbeitet: Zum einen wurde ein neues Logo entwickelt, zu welchem ich persönlich kritisch stehe, was jedoch gerade im Bereich des Merchandisings und der Vermarktung den Zahn der Zeit erkannt zu haben scheint. Es ist schlichter als das alte Logo und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sich alle - auch ich - daran gewöhnen konnten; aber gerade in der medialen Öffentlichkeit scheint es dem Verein zu helfen.
Noch mehr hilft uns allerdings das exzellente Social Media/Presse- und Merchandising-Team. In diesen Bereichen spielt Selb in Deutschland in den Top 10 mit, wenige DEL-Clubs machen einen besseren Job. Egal ob Instagram oder Facebook - die Betreuung in den Social-Media-Kanälen ist wirklich sehr gut. Man bemüht sich sehr um Fannähe. Es gibt mittlerweile bereits zwei Podcasts zu den Selber Wölfen, von denen einer von Fanseite betrieben wird. Beste Grüße an die Fanatics! Zum Merchandising-Team bleibt eigentlich nur zu sagen: Wie geil ist bitte dieses Playdowns Sondertrikot gewesen? Und wie cool ist es, dass es mittlerweile Bavarian Caps der Selber Wölfe gibt?
Das mögen Kleinigkeiten sein - hilfreich sind sie sicherlich bei einem Standort, der gewillt ist, sich für die Zukunft aufzustellen.
Wenn ich alle meine bisher genannten Punkte zusammenfassen will, sehe ich den Standort Selb in Aufbruchstimmung in Richtung Zukunft und bestens gerüstet für weitere Jahre in Deutschlands Topligen. Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass es die Wölfe sportlich schaffen, bis zum Ende der Baumaßnahmen und natürlich darüber hinaus den Klassenerhalt zu sichern. Danach ist auch was die Jugendarbeit angeht einiges an baulicher Infrastruktur vorhanden und die Etablierung als einer der besten 25 Eishockeyclubs Deutschlands absolut nicht unmöglich.
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Christian Haas - Eisblog-Community
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