Was zum Teufel?
Ganz nah dran war der EC Bad Nauheim am DEL2-Titel. Am Ende reichte es nicht ganz, doch die Saison 2022/23 zeigte wieder einmal, was für ein Potenzial im Kurstadt-Club schlummert. Wir nehmen euch mal mit und werfen einen ersten Blick auf die kommende Saison.

(Foto: JMD Photographie)
Als Eisblog sind wir in Kontakt mit vielen Fans. In der Hochphase der Eishockeyzeit erreichen uns über Social Media täglich enorm viele Nachrichten. Auf uns prasseln stündlich sehr starke, teils extrem harsch formulierte Meinungen ein. Meist aber nicht über den Eisblog, sondern mehr über die Vereine der deutschen Eishockeywelt. Das spannende: Oft geht es in den Nachrichten nicht um den eigenen Herzensverein, sondern eher um die Clubs, die dem eigenen Verein (vermeintlich) schaden.
Einer der am meisten angegriffenen Clubs in unseren DMs ist der EC Bad Nauheim. Es geht um einen – realistisch gesehen sehr kleinen – Teil der Fans, die in regelmäßigen Abständen durch Entgleisungen auffallen. Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass der Verein zu wenig dagegen tue, diese Unruhestifter aus dem Stadion zu verbannen. Ein berechtigter Punkt, bei dem man neben dem Verein aber noch weitere Institutionen in die Pflicht nehmen muss.
Warum ich zu Beginn des Blogs so ausufernd dieses Thema beleuchte? Weil es ein kleiner Schandfleck ist, der von einigen *insert Schimpfwort here* ausgelöst auf den Verein projiziert wird. Blendet man dieses Thema aus – und das möchte ich an dieser Stelle deutlich herausstellen – ist der EC Bad Nauheim ein herausragend geführter Standort. Vielleicht sogar einer der besten in Eishockey-Deutschland. Seit dem Aufstieg vor knapp zehn Jahren hat man sich Stück für Stück in der DEL2 etabliert, zuletzt stand viermal in den letzten sechs Saisons mindestens das Viertelfinale zu Buche.
Es ist der Lohn für gute Öffentlichkeitsarbeit und dadurch gute Zuschauerzahlen und Merchandising-Erlöse, für ein glückliches Händchen auf dem Spielermarkt und vor allem für Vertrauen in die eigenen Stärken. Der EC Bad Nauheim hat weder das schönste, noch das funktionellste Stadion der DEL2. Dennoch ist das CKS auf seine eigene Art und Weise Kult und muss nun eben so lange funktionieren bis das Neubau-Projekt spruchreif ist.
Mit Harry Lange hat man einen Chefcoach an der Bande, der sich bereits in seinen letzten sechs Spielerjahren in den Club verliebte. Dem sympathischen Österreicher wurde Vertrauen geschenkt. Auch in schwierigen Zeiten. Die ersten sieben Spiele verlor Lange als Chefcoach. Es war ein mehr als durchwachsener Start in die Trainerkarriere, nach dem man durchaus bereits im Sommer die Reisleine hätte ziehen können. Doch man vertraute in Lange und das zahlte sich in der Folgesaison mit Platz fünf und der Teilnahme am Halbfinale aus.
Es ist für mich nur eine Frage der Zeit bis Harry Lange ein Angebot aus dem Oberhaus annimmt. Vielleicht folgt er irgendwann ja sogar Matthias Baldys nach Köln. Auch Baldys war in Bad Nauheim in leitender Funktion unterwegs und ist nun einer der Hauptverantwortlichen für die gelebte Kooperation zwischen ECN und KEC. Diese wird auch kommende Saison fortgeführt werden und hilft den Roten Teufeln vor allem in der Breite.
Dass man auch in der Spitze wieder auf Top-Niveau agieren kann, beweisen die Vertragsverlängerungen von Tim Coffman, Taylor Vause und vor allem auch Daniel Weiß. Irgendwie auch sympathisch, dass die erwirtschafteten Gelder durch zusätzliche Ticket- und SpradeTV-Einnahmen in den Playoffs (noch) nicht in neue Spieler geklopft werden, sondern man dem Stamm des letztjährigen Kaders vertraut. Bevor ihr mir nun mit Lautenschlager, Lillich und Fischer kommt: Diese Transfers standen alle weit vor dem Finaleinzug fest. Deutsche DEL2-Spieler dieses Kalibers bekommt man im April nicht mehr.
So hat der EC Bad Nauheim kommende Saison zwar sicher mit dem Weggang von Felix Bick zu kämpfen, der im Tor meiner Meinung nach nicht adäquat ersetzt wurde, dafür kann er auf den Positionen davor aber vielleicht sogar einen kleinen Qualitätsanstieg verzeichnen. Es wird spannend zu sehen sein, ob der ECN die Welle der langeschen Euphorie weiterreiten kann oder ob es erstmal wieder einen Rückschlag gibt. Dann heißt es Vertrauen zeigen, denn das hat schon mal funktioniert. Aber bitte nur auf der Trainerposition.
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Simon Rentel