What's up, Ingolstadt?
Auf die Enttäuschung folgt die Vorfreude: Alles in allem war das doch eine verdammt geile Saison des ERC Ingolstadt. Man schenkte den Fans nach einer überzeugenden Hauptrunde ein bayerisches Finale. Nun geht der Blick aber bereits nach vorne.
Das Positive: neuer Schwung!
Tim Regan hat bei der Trainer-Verpflichtung von Mark French Fingerspitzengefühl bewiesen. Der kanadische Coach überzeugte im Gespann mit Co-Trainer Brad Tapper über die gesamte Saison hinweg mit Charme und Spielwitz. Ingolstadt spielte das vielleicht attraktivste Eishockey der Liga. French ging Wagnisse ein, nahm beispielsweise seinen Goalie in der Overtime vom Eis. Am Ende des Tages war und ist French aber vor allem eines: ein Volltreffer!
Unwort des Jahres: Lazarett!
Fast schon absurd, mit welchem Verletzungspech Ingolstadt zu kämpfen hatte. Das ist vielleicht auch das einzige, was man dem Trainergespann vorwerfen kann: Eine solche Fülle an Verletzungen ist kaum einzig auf Pech zurückzuführen. Dafür gibt es im Normalfall tiefergehende Gründe. Ob diese im Sommertraining, in der Regeneration oder an anderen Dingen liegen, ist von außen nicht zu beurteilen. So aber war die Hürde „München“ am Ende doch zu hoch. Auch, weil Michael Garteig eben verletzt ausfiel.
Der Rückblick: Wolke siebzig!
Da reicht Wolke sieben nicht mehr. Der ERC Ingolstadt kam von Beginn an aus den Positiv-Schlagzeilen nicht mehr heraus. Der Sommer-Umbruch auf sportlicher Ebene hat sich vollends ausgezahlt. Die Neuzugänge saßen praktisch ausnahmslos – auch während der Saison. So stand am Ende neben Tabellenplatz zwei der Finaleinzug. Die Schanzer spielten furios auf und haben allen Respekt dieser Welt verdient. Für München war aber kein DEL-Kraut gewachsen.
Der Blick nach vorne: Weiter geht´s?
Der Coach bleibt, der Stammgoalie bleibt, die Defensive bleibt größtenteils zusammen. Was soll also groß schief gehen? In Ingolstadt sollte man nicht den Fehler machen, zu erwarten, dass es genauso wie in der letzten Saison weitergeht. Das Schöne ist: macht auch niemand! Schon während der Saison übte man sich in Fankreisen in Demut und Zurückhaltung. Das ist sympathisch und auch für kommende Spielzeit der richtige Weg.
Das Team 23/24: Neue Stellschrauben!
Michael Garteig bekommt wohl in Devin Williams einen neuen Back-Up. Das Goaliegespann dürfte damit nicht schwächer besetzt sein als letzte Saison. Auch in der Verteidigung konnte man mit Kevin Maginot nochmal einen kleinen Qualitätsschub schaffen. Die jungen Zitterbart, Hübner und Schwaiger ergänzen mit purem Talent. Offensiv stehen sicher noch die größten Fragezeichen. In Patrik Virta gibt´s wohl einen quirligen Spielmacher, in Travis St. Denis einen eiskalten Torjäger. Man geht also auch hier bereits in die richtige Richtung. Die offenen Fragen sind: Zieht es Ty Ronning über den Brenner und kann man Stefan Matteau klarmachen, dass Geld nicht alles im Leben ist?
Die Zielsetzung: Top sechs!
Ich persönlich traue Ingolstadt erneut einen Platz unter den besten drei Teams zu. Der Kader wird auf dem Papier nicht signifikant schwächer, vielleicht insgesamt sogar nochmal etwas stärker. Wenn Mark French es wiederholen kann, eine Einheit aus den Individuen zu formen und er auch in seiner zweiten Saison beweist, dass er einer der besten Coaches der Liga ist, kann es für Ingolstadt wieder weit gehen. Ich rate aber zu etwas mehr Vorsicht: Die Top sechs, also die direkte Playoff-Teilnahme, wären doch auch ein gutes Saisonziel für die nächsten Jahre.
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Simon Rentel