Heimkehrer

Es zählt wahrscheinlich zu einem der emotionalsten Momente eines jeden Sportprofis, wenn man in einer Halle vor mehreren tausend Menschen spielt und alle deinen Namen im Einklang rufen. Noch viel spezieller macht dieser Moment dann der Fakt, dass es sich hier nicht um einen Spieler der Heimmannschaft handelt, sondern um einen des Gegnerteams. 

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(Foto: IMAGO - Imagn Images)

Diese seltene Situation geschah in den letzten Tagen gleich zwei Mal in der NHL. Zum einen gab Steven Stamkos nach 16 Saisons, über tausend Spielen und zwei Stanley-Cup Erfolgen sein Comeback bei den Tampa Bay Lightning, nun im Jersey der Nashville Predators. Der 2008er First Overall Pick war eine tragende Säule bei den beiden Cup Siegen der Lightnings 2020 und 2021. „Stammer“ prägte die erfolgreichste Zeit des Teams aus Florida, doch General Manager Julien BriseBois strebte im Sommer einen Neuanfang ohne den langjährigen Kapitän an. So kam es, dass er nun nicht mehr in Blau und Weiß spielt, sondern in Gelb und Blau. Am 28.10.2024 war es dann so weit, Stamkos kehrte mit seinem neuen Team an alte Wirkungsstelle zurück. Die Fans und Verantwortlichen hatten sich dafür gut vorbereitet. Der First Overall Pick von 2008 wurde mit einem emotionalen Video vor dem Spiel in Empfang genommen. Dies zeigte seine Highlights aus den 16 Saisons in Tampa. Währenddessen wurde seine Nummer 91 mehrfach auf das Eis projiziert. Man sah ihm an, dass er während des Videos mit dem Wasserspiegel in seinen Augen kämpfte. Anschließend hatte er die Eisfläche für sich und wurde von den Zuschauern in der Arena abgefeiert. In der Arena selbst hatten viele Zuschauer Schilder dabei, welche beispielweise die Aufschrift: „Thank you 91“ trugen. Während des Spiels riefen die Fans dann noch mehrmals „Steven Stamkos“. Schlussendlich gewannen die Lightning mit 3:2 nach Overtime, Stammer war an beiden Nashville-Toren beteiligt. 

Einen ähnlich emotionalen Abend erlebte Marc-André Fleury. Bei ihm war es allerdings die sehr wahrscheinlich letzte Heimkehr zu seinem Herzensverein. Der Torhüter wurde 2003 an erster Stelle der ersten Runde von den Pittsburgh Penguins gezogen. Dieser Draftpick gehörte wenige Stunden zuvor allerdings noch den Florida Panthers, doch Pittsburgh tat alles, um sich den First Overall Pick und damit auch die Rechte von Fleury zu sichern. Nach 3 Stanley-Cup Siegen und 13 Saisons im Jersey der Pens zog es den Franco-Kanadier im Zuge des NHL Expansion Draft 2017 zu den Vegas Golden Knights. Nun spielt er mit bald 40 Jahren seine angekündigte letzte Saison bei den Minnesota Wild. So kam es, dass er ein letztes Mal gegen seine alte Liebe spielte. Und auch ihn empfingen die Fans wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Vor dem Spiel lagen in der Wild-Kabine dutzende Blumen, passierend auf seinem Spitznamen „Flower“. Auch hier hatten die Fans Schilder mit seiner Nummer und seinem Namen gebastelt. Während einer TV-Unterbrechung, zeigten die Verantwortlichen auf dem Videowürfel ein Tribut Video für ihren langjährigen Torhüter. Dieser sagt dazu nach dem Spiel, dass er es sich nicht angucken wollte, weil er sonst feuchte Augen bekommen würde und so nicht sehen könnte. Im Anschluss des 3:5-Sieges der Minnesota Wild – auch dank vieler guter Paraden von Fleury – gab er noch ein TV-Interview und wurde schließlich von den Fans mit Sprechchören gefeiert. Selten sieht man bei den Fans so eine Freude nach einer Niederlage und wenn dieser Grund dann auch noch ein gegnerischer Spieler ist, ist es umso Besonderer. Marc-André Fleury und Steven Stamkos sind eben mehr als nur ehemalige Spieler für diese Franchises, sie sind Vorbilder.
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Torben Reith